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Der Schneemann

Verfasser: Suche nach diesem Verfasser Fauser, Jörg
Verfasserangabe: Jörg Fauser
Medienkennzeichen: Schöne Literatur
Jahr: 2006
Verlag: München, Süddt. Zeitung GmbH
Reihe: Süddeutsche Zeitung : Kriminalbibliothek; 50
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Zweigstelle: Hauptstelle Standorte: Zba Krimi Fau Status: Verfügbar Vorbestellungen: 0 Frist:

Inhalt

Siegfried Blum ist eine Kreuzung aus Held und Loser und mit dem Dasein so auf Kriegsfuß, wie es für eine abgebrühte Geschichte erforderlich ist. Mit leerem Portemonnaie, zwielichtiger Vergangenheit und mehr als einer Spur berechtigten Verfolgungswahns zeigt er, was vom Traum vom Glück bleibt: die Story. Die Existenz wird zur Stilfrage, und selten ist der Versuch, sich mit einer Welt zu versöhnen, die nichts von einem wissen will, mit geschickterem Handwerk geschildert worden als in „Der Schneemann”.
Frühling 1980: Der Dollarkurs ist im Keller, Blums Zukunftsaussichten sind es auch. Momentan versteckt er sich auf Malta, aber man nenne das nach Sangria stinkende Paradies, das von Dauer ist. Um wieder flüssig zu werden, versucht er ein wenig Risikokapital loszuschlagen, genauer: 200 dänische Pornoblätter. Als ihm sein letzter Besitz gestohlen wird, scheint seine Zeit plötzlich schnell abzulaufen. Als wäre dieser Verlust nicht genug, traktieren ihn animierte Landsleute auch noch mit „Guantanamera”: „Blum hatte allmählich einen Drink nötig. . .”
Und nicht nur das. Ein bisschen Glück wäre auch nicht verkehrt: „Du bist Blum und musst durch, alles was du brauchst, ist endlich eine Chance.” In Büchern von Fausers kühler Art ergibt sie sich immer früher oder später – in Blums Fall vielleicht ein wenig später als gewünscht. Denn als er über einen Drogenhändler stolpert, findet er einen Münchener Gepäckschein und muss zunächst in sein Heimatland zurückkehren. Dort lernt er rasch, wie schwierig es sein kann, sich mit genug Kokain im Gepäck, um einen kleinen Schneemann damit zu bauen, Ruhe im Leben zu verschaffen.
Fauser porträtiert eine BRD im Leerlauf. Das Wirtschaftswunder besteht aus falschen Fassaden, Bahnhofsvierteln und stockfleckigen Hotelzimmern. Die Menschen sind aalglatt, halbseiden und blondiert. Hier herrschen stets ein paar Minusgrade, das Dasein riecht nach Frittenbude bei Geschäftsschluss. Wer sein Glück sucht, benötigt dafür mehr Zeit als wünschenswert, und das Ganze endet selten, wie man es sich vorgestellt hat: „Deutschland, das war nur noch was für Kenner.”
Der Ton ist schnoddrig und lyrisch zugleich. Es ist der Sound des geborenen Bluffers, des gescheiterten Künstlers. Blum, ein Bruder im Geiste von Serners Schwindlern und Brinkmanns Desperados, weiß, dass man eine gute Geschichte nicht durch die Wahrheit zerstört. Hier gibt es zahlreiche Perlen für die Schweine unter uns Lesern, denen die Welt schmutzig lieber ist – zum Beispiel: „Ihr Gesicht war so ausdruckslos wie die ungeleckte Rückseite einer Briefmarke.” Oder: „Erinnerungen sind ja Scheiße, aber Geschichten halten das Leben zusammen.”
Letzteres Bonmot zeigt, wie Blum sein Scheitern schließlich in einen Sieg verwandelt: Indem er Stil wahrt. Sein schlimmster Feind ist weder die internationale Drogenmafia noch spießbürgerliche Moral, sondern die Sehnsucht nach Seligkeit. Für den Glückssucher, der den Schneemann als Vorbild wählt, gibt es nur einen Weg, nicht das Leben zu verlieren: cool bleiben. Fauser ist ein Meister des unterkühlten Tons. Den Leser erwarten einige Stunden frostiger Spannung und die beunruhigende Einsicht, der Countdown zum Glück auf der Sonnenseite des Lebens könnte schon begonnen haben: „Blum sah auf die Uhr. Höchste Zeit.” ARIS FIORETOS

Details

Verfasser: Suche nach diesem Verfasser Fauser, Jörg
Verfasserangabe: Jörg Fauser
Jahr: 2006
Verlag: München, Süddt. Zeitung GmbH
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Systematik: Suche nach dieser Systematik Zba, Krimi
Interessenkreis: Suche nach diesem Interessenskreis Krimi
ISBN: 3-86615-274-4
Beschreibung: 249 S.
Reihe: Süddeutsche Zeitung : Kriminalbibliothek; 50
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